Datenschutzrechtliches Kopplungsverbot und E-Mail-Werbung
Betriebe in verschiedenen Branchen nutzen häufig E-Mail-Listen für Marketingzwecke. Allerdings verstoßen sie beim Sammeln der Adressen oft gegen das datenschutzrechtliche Kopplungsverbot. Das Vorhaben selbst ist oft rechtskonform, führt jedoch aufgrund von falscher Einbindung auf der Website zum Verstoß.
Worum geht es beim Kopplungsverbot?
Das Inkrafttreten der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) im Jahr 2018 etablierte den Tatbestand der Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1 lit a) DSGVO als einen der Wichtigsten, um rechtskonform Marketing zu betreiben. Die Bedingungen der Einwilligung, geregelt in Art. 7 DSGVO, umfassen dabei auch das Merkmal der Freiwilligkeit.
Eine Einwilligung ist nach Art. 7 DSGVO freiwillig, wenn diese ohne Zwang oder Druck erteilt und nicht von einer Leistung abhängig gemacht wird, die dafür nicht notwendig ist.
Als Konkretisierung dieser Voraussetzung für Vertragsverhältnisse stellt das Gesetz in Art. 7 Abs. 4 DSGVO das sogenannte Kopplungsverbot auf. Eine Leistung darf demnach nicht an die Einwilligung zu einer Datenverarbeitung gekoppelt sein, welche für die Vertragserfüllung nicht erforderlich ist. Eine gekoppelte Einwilligung ist nicht freiwillig und somit rechtswidrig.
Anwendungsbeispiele des Kopplungsverbots
Der wohl praxisrelevanteste Anwendungsfall für das Kopplungsverbot ist folgender:
Ein Unternehmen bietet auf der Website Materialien zum Download an, wie zum Beispiel ein Whitepaper oder eine Infobroschüre. Bedingung für den Download ist, dass eine E-Mail-Adresse hinterlassen und eine Check-Box angeklickt wird, durch die dem Webseitenbesucher eine Einwilligung zum Empfang von Werbematerial, wie etwa Newslettern, abgepresst werden soll. Die Bereitstellung des Whitepapers ist also an die Einwilligung zum Empfang von Werbung per E-Mail gekoppelt.
Es liegt streng genommen ein Verstoß vor, da es schlicht nicht erforderlich ist, an den Webseitenbesucher E-Mails mit Werbeinhalten zu versenden, um den Download einer Datei zu ermöglichen. Das mag aus unternehmerischer Sicht höchst unbefriedigend klingen, war jedoch bis vor kurzem noch die Position der Mehrheit der Datenschutzbehörden.
Nur noch ein „relatives“ Verbot
Wie bereits erwähnt, wurde das Kopplungsverbot zu Beginn der DSGVO sehr streng gehandhabt. Inzwischen ist es jedoch gelockert. Das Landgericht München hat etwa mit Urteil vom 19.01.24 (Az. 37 O 4402/23) entschieden, dass die Registrierung in einem Online-Shop unter der Bedingung einer Einwilligung zu Werbezwecken nicht gegen das Kopplungsverbot verstößt.
In vielen Fällen besteht zudem die Möglichkeit, Verarbeitungsvorgänge statt auf eine Einwilligung auf ein berechtigtes Interesse nach Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO zu stützen. Auf diese Weise kann das Kopplungsverbot gänzlich umgangen werden. Denn jedes Interesse, dass nicht gegen die Rechtsordnung verstößt, kann zunächst berechtigt sein. Davon ist auch das Bewerben von Produkten oder Dienstleistungen umfasst. Das Interesse an der Datenverarbeitung im Kontext der Werbung muss aber dem Interesse am Schutz der personenbezogenen Daten der betroffenen Person überwiegen.
Am Beispiel Whitepaper erklärt
Ein Unternehmen möchte seine Produkte oder Dienstleistungen vermarkten und stellt dazu Fachmaterialien zum Download bereit, die auf fundiertem Wissen und Recherchearbeit basieren. Die Materialien dienen dazu, die Qualität der angebotenen Leistungen zu verdeutlichen. Im Gegenzug wird die Angabe einer E-Mail-Adresse zur Kontaktaufnahme gefordert.
Aus Unternehmenssicht
Es ist denklogisch davon auszugehen, dass das Unternehmen mit dem Download-Angebot weitere Ziele verfolgt, nämlich die Gewinnung potenzieller Kunden und der Aufbau von Geschäftsbeziehungen. Das Unternehmen hat auch ein berechtigtes Interesse daran, zu erfahren, wer sich für die bereitgestellten Informationen interessiert, die durch den Einsatz von qualifiziertem Personal und Know-how leserfreundlich aufgearbeitet worden sind. Unter anderem interessiert sich das Unternehmen dafür, um diese Personen im Anschluss zu kontaktieren und ihnen schlussendlich ein Angebot zu machen.
Gesetzgebung
Der Gesetzgeber hat mittlerweile auch anerkannt, dass das Bereitstellen von personenbezogenen Daten als Gegenleistung für einen Service in der Wirtschaftsrealität üblich geworden ist. Seit dem 01.01.2022 ist in § 327 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt, dass die Vorschriften für Verbraucherverträge auch für Fälle gelten, bei denen Verbraucher für die Nutzung digitaler Produkte ihre Daten bereitstellen. Auch die Datenschutzkonferenz, das Gremium der deutschen Aufsichtsbehörden, hat in einer Stellungnahme vom Februar 2022 anerkannt, dass die Teilnahme an einem Gewinnspiel mit Werbemaßnahmen verknüpft werden kann, wo dies für eine Gewinnspielteilnahme streng genommen nicht erforderlich wäre.
Kopplung möglich
Es ist also grundsätzlich möglich, Whitepaper-Downloads an eine Datenverarbeitung zu Werbezwecken zu „koppeln“. Dies bedeutet jedoch nicht, dass jegliche Art von Werbemaßnahme, die einem Download folgt, automatisch rechtskonform ist. Das Stichwort lautet Transparenz.
Eine Frage der Präsentation: Keine „gratis“ Downloads
Wird als Bedingung für den Download eine E-Mail-Adresse zum Zweck der späteren Kontaktaufnahme abgefragt, muss dies klar formuliert und gut sichtbar abgebildet sein. Dies ergibt sich aus den Art. 13 Abs. 1 und 2 DSGVO. Folgendes ist zwecks Kopplungsverbot insbesondere zu beachten:
Inhalte können nicht als „kostenlos“ oder „gratis“ gekennzeichnet werden. Der Person muss klar vermittelt werden, dass ein Eigeninteresse an dem Download hängt und sie im Gegenzug kontaktiert werden kann.
Das Gebot der Erforderlichkeit und Datenminimierung aus Art. 5 DSGVO ist zu beachten. Es können nicht beliebig viele Daten abgefragt werden, sondern nur solche, die dem Werbezweck auch dienlich sind. Eine Form von Kontaktdaten ist ausreichend, mehrere Kontaktdaten sind nur optional abzufragen. Andere Angaben wie die Unternehmenszugehörigkeit oder Name und Anrede der Person sollten ebenso freiwillig sein.
Gemäß Art. 21 Abs. 4 DSGVO ist auf der Download-Seite visuell separat darauf hinzuweisen, dass der Werbung jederzeit widersprochen werden kann. Ein solcher Hinweis sollte sich auch in anderen Formen der Kontaktaufnahme zu Werbezwecken finden, in etwa in der E-Mail, welche als Reaktion auf einen Download hin versandt wird.
Sind diese Voraussetzungen gewahrt, stehen dieser Marketingstrategie keine Hürden im Weg.
Fazit zum datenschutzrechtlichen Kopplungsverbot
Während das Kopplungsverbot in gewissen Szenarien ein echtes Datenverarbeitungsverbot darstellt, verbleibt es für viele Formen des Marketings nun eher als Randnotiz. Letztendlich erfordert das Datenschutzrecht oft nur Transparenz bezüglich eines Vorhabens und stellt selten unumgängliche Verbote auf.
Wenn Sie Fragen zu Ihrem eigenen Web-Auftritt und Ihren Marketingstrategien haben, nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf. Unser Team hilft Ihnen gerne weiter.
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