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Leitlinien zum Umgang mit Hinweisgebern und Hinweisen 

Veröffentlicht am: 13.11.2023

Die Umsetzung des seit Juli 2023 eingeführten Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG) stellt Betroffene häufig vor sowohl technische als auch organisatorische Herausforderungen. Viele Organisationen stehen dabei vor der Problematik, dass ihnen bisher klare Richtlinien oder Erfahrungswerte im Umgang mit Hinweisgebern und deren Meldungen fehlen. Der Wandel erfordert jedoch nicht nur Anpassungen auf administrativer Ebene, sondern auch ein neues Bewusstsein und eine veränderte Denkweise innerhalb der gesamten Belegschaft. Dabei geht es vor allem auch darum, eine offene Kommunikationskultur zu schaffen, in der Hinweisgeber sich sicher fühlen und ernst genommen werden. 

Gemeinsame Anstrengungen sind erforderlich 

Um alle Anforderungen umsetzen zu können, ist eine gemeinsame Beteiligung verschiedener Abteilungen, wie beispielsweise Unternehmensführung, Personalabteilung, Compliance-Abteilung oder der allgemeinen internen Kommunikation, erforderlich. Sobald das Meldesystem eingeführt ist und ein Bericht über ein Fehlverhalten eingeht, müssen vorher fest etablierte Strukturen und verbindliche Prozesse beachtet werden. Einige dieser Prozesse unterliegen gesetzlichen Vorgaben, wie beispielsweise die Pflicht zur Beantwortung, Behandlung und Meldung innerhalb eines vorgeschriebenen Zeitrahmens. Darüber hinaus sollten Unternehmen aber zusätzlich sicherstellen, dass die verantwortlichen Personen angemessen geschult und qualifiziert sind, um mit solchen Situationen umzugehen.
Folgende Fragen können sowohl vor als auch während der Bearbeitung von entscheidender Bedeutung sein:  

  • Wer ist für die Überprüfung des festgestellten Fehlverhaltens verantwortlich? 
  • Wie verfährt diese Person nach Meldung? 
  • Welche Befugnisse und Ressourcen stehen zur Verfügung? 
  • Wer trifft die Entscheidungen bezüglich der nachfolgenden Maßnahmen? 
  • Wie wird vorgegangen, wenn eine Führungskraft oder mehrere Personen in das Fehlverhalten involviert sind? 
  • Wie wird die Unternehmensleitung eingebunden? 
  • Welche Konsequenzen erfahren diejenigen, die sich fehl verhalten haben? 
  • Wie erfolgt das organisationale Lernen aus einem solchen Vorfall? 
  • Wie wird innerhalb des Unternehmens mit einem Fall und den resultierenden Maßnahmen umgegangen? Werden diese beispielsweise transparent kommuniziert, etwa in Bezug auf die Anzahl der Mitarbeiter, die aufgrund von Fehlverhalten entlassen wurden, oder besteht die Gefahr, dass das Problem verschwiegen wird? 

Die drei Ebenen des Wandels 

Da es jedoch meist noch keine Leitlinien, Empfehlungen oder gar Erfahrungswerte für den Umgang mit hinweisgebenden Personen oder mit den Hinweisen selbst gibt, ist die Aufmerksamkeit bei der Umsetzung auch auf weitere Ebenen zu richten: 

  • Technische Ebene: Hierbei geht es um die Einrichtung von Meldesystemen und die Bereitstellung verschiedener Meldemöglichkeiten. 
  • Organisatorische Ebene: Dazu müssen klare Prozesse für die Prüfung und Behandlung von Meldungen festgelegt werden und die verantwortlichen Personen müssen entsprechend geschult sein. 
  • Kulturelle Ebene: In diesem Zusammenhang müssen Integrität und Werte der Organisation beleuchtet werden.  

Leitlinien für Führungskräfte und HR 

Übergeordnetes Ziel sollte folglich sein, eine Kultur zu schaffen, in der sich jeder Mitarbeiter sicher fühlt, etwaige Auffälligkeiten zu melden, da so die gesamte Organisation lernen kann, konstruktiv mit gemeldeten Fehlern umzugehen. Bei der Ausgestaltung der Unternehmenskultur können sich zuständige Abteilungen dabei an den folgenden Grundsätzen orientieren:  

  • Speak – up – Kultur: Unternehmen sollten eine Atmosphäre schaffen, in der Mitarbeiter sensible Themen ohne Angst ansprechen können. Aufgefallene Missstände oder Situationen sind leichter zu klären, wenn man sich austauschen und gemeinsam mit der eigenen Führungskraft oder dem Compliance-Verantwortlichen zu einer guten Lösung kommen kann. Transparenz und Offenheit sind hier besonders wichtig. 
  • Listen – up: Das Prinzip des Zuhörens fördert die Schaffung psychologischer Sicherheit. Mitarbeiter müssen das Vertrauen haben, dass ihre Anliegen ernst genommen werden. Wenn involvierte Personen sich in einem Umfeld psychologischer Sicherheit befinden und darauf vertrauen können, dass ihre Anliegen aufmerksam gehört werden, sind sie eher bereit, frei von Angst über Missstände zu sprechen. Dies gilt für alle Beteiligten, unabhängig davon, ob sie für die Probleme verantwortlich sind, direkt oder indirekt betroffen sind oder Hinweise geben. Etablierte und gut gewartete Feedback-Kanäle, wie beispielsweise Umfragen, deren Ergebnisse transparent gemacht und verfolgt werden, oder Dialogformate, in denen echter Dialog geübt und praktiziert wird, schulen sowohl Führungskräfte als auch Mitarbeiter und signalisieren Verlässlichkeit und Stabilität in der zwischenmenschlichen Kommunikation. 
  • Ängste nehmen: Unternehmen sollten ein Klima der Angstfreiheit schaffen, in dem Mitarbeitende Vertrauen in die Führungskräfte und Kollegen haben. Wenn ein Unternehmen das Wohlbefinden der Mitarbeiter, konstruktiven Austausch und Vertrauen als zentrale Werte betrachtet, könnte die Betonung eher auf unterstützenden Maßnahmen als auf Bestrafung liegen. 

Fazit

Eine gewissenhafte Umsetzung der Richtlinie ist eine Chance für Unternehmen, ethische Standards zu stärken und so das Vertrauen in ihre Organisation zu festigen. Der dadurch geforderte Wandel sollte dabei auch nicht als lästige Pflicht betrachtet werden, sondern mehr als eine Gelegenheit zur Weiterentwicklung und Stärkung der ethischen Grundlagen des Unternehmens. Er eröffnet die Möglichkeit, eine offene Kommunikationskultur zu fördern, in der Hinweisgeber sich sicher fühlen und ihre Bedenken ernst genommen werden.  

Beginnen Sie also jetzt damit, Ihre Unternehmenskultur zu analysieren und anzupassen, um gut gerüstet für die Zukunft zu sein. Sollten Sie dabei Fragen haben oder Unterstützung benötigen, steht Ihnen unser Team der WS Datenschutz GmbH jederzeit gerne zur Verfügung.