Login

§ 2 HinSchG – Der sachliche Anwendungsbereich

Veröffentlicht am: 16.11.2023

Am 02.07.2023 trat das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) in Kraft. Dieses Gesetz regelt den Schutz natürlicher Personen, die Informationen über Verstöße, die ihnen im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit begegnen, melden möchten (vgl. § 1 HinSchG). Zu diesem Zweck legt das Gesetz einen standardisierten Schutz für Hinweisgebende fest und regelt, wie die Weitergabe von Hinweisen ohne Repressalien für die hinweisgebende Person möglich gemacht werden sollen. 

Allerdings fallen nicht alle Hinweise unter den Schutz des Hinweisgeberschutzgesetzes. In § 2 HinSchG hat der Gesetzgeber den sachlichen Anwendungsbereich dieses Gesetzes minutiös definiert.

Was ist das Hinweisgeberschutzgesetz?

Das Hinweisgeberschutzgesetz regelt den Schutz natürlicher Personen, die Informationen über Verstöße, die ihnen im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit begegnen, melden möchten (vgl. § 1 HinSchG). Zu diesem Zweck legt das Gesetz, welches am 02.07.2023 in Kraft trat, einen standardisierten Schutz für Hinweisgebende fest und regelt, wie Meldung ohne Repressalien für die hinweisgebende Person möglich gemacht werden sollen. Entscheidendes Instrument bilden dabei die internen und externen Meldestellen, die für die Entgegennahme, Bearbeitung und für entsprechende Folgemaßnahmen zuständig sind.  

Informationen, Meldungen und Offenlegungen im Sinne des HinSchG

Das Hinweisgeberschutzgesetz gilt gemäß § 2 Abs. 1 HinSchG für die Meldung und die Offenlegung von Informationen. Meldungen sind gemäß § 3 Abs. 4 HinSchG Mitteilungen von Informationen über Verstöße an interne Meldestellen (§ 12) oder externe Meldestellen (§§ 19 bis 24). Eine Offenlegung bezeichnet gemäß § 3 Abs. 5 HinSchG das Zugänglichmachen von Informationen über Verstöße gegenüber der Öffentlichkeit. 

Das Hinweisgeberschutzgesetz gilt gemäß § 2 Abs. 1 HinSchG für die Meldung und die Offenlegung von Informationen. 

Informationen 

Informationen sind gemäß § 3 Abs. 3 HinSchG begründete Verdachtsmomente oder Wissen über tatsächliche oder mögliche Verstöße, die bei dem Beschäftigungsgeber, bei dem die hinweisgebende Person tätig ist oder war, oder bei einer anderen Stelle, mit der die hinweisgebende Person aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit im Kontakt steht oder stand, bereits begangen wurden oder sehr wahrscheinlich erfolgen werden, sowie über Versuche der Verschleierung solcher Verstöße.  

Somit stellt die Kenntnisnahme der hinweisgebenden Person über solche Verstöße oder Verdachtsmomente die Informationen im Sinne des Hinweisgeberschutzgesetzes dar.  

Meldungen  

Meldungen sind gemäß § 3 Abs. 4 HinSchG Mitteilungen von Informationen über Verstöße an interne Meldestellen (§ 12) oder externe Meldestellen (§§ 19 bis 24). 

Hat die hinweisgebende Person also Kenntnis über Verstöße oder Verdachtsmomente erlangt und gibt diese Information an eine interne oder externe Meldestelle weiter, so liegt in diesem Vorgang eine Meldung im Sinne des Hinweisgeberschutzgesetzes.  

Offenlegungen 

Eine Offenlegung bezeichnet gemäß § 3 Abs. 5 HinSchG das Zugänglichmachen von Informationen über Verstöße gegenüber der Öffentlichkeit. 

Hat die hinweisgebende Person also Kenntnis über Verstöße oder Verdachtsmomente erlangt und gibt diese Information an die Öffentlichkeit weiter, liegt eine Offenlegung im Sinne des Hinweisgeberschutzgesetzes vor. Der Unterschied zu einer Meldung liegt demnach darin, dass die Information an die Öffentlichkeit und nicht an eine interne oder externe Meldestelle weitergeben wird.  

§ 2 HinSchG – Sachlicher Anwendungsbereich

Aber nicht alle Meldungen oder Offenlegungen stehen unter dem Schutz des Hinweisgeberschutzgesetzes. Vielmehr legt § 2 HinSchG eindeutig fest, welche Meldungen oder Offenlegungen unter den sachlichen Anwendungsbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes fallen.   

Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 HinSchG fallen nur Meldungen oder Offenlegungen über strafbewehrte Verstöße oder gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 HinSchG über bußgeldbewehrte Verstöße, die eine dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dienende Vorschrift verletzt, unter den sachlichen Anwendungsbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes. Mit strafbewehrten Verstößen sind Verstöße gemeint, die eine Strafandrohung mit sich bringen. Mit bußgeldbewehrten Verstößen sind Verstöße gemeint, bei denen die Zahlung von Bußgeldern drohen.  

Daneben werden gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) bis t) HinSchG von dem Hinweisgeberschutzgesetz folgende Meldungen/ Offenlegungen über Verstöße gegen Rechtsvorschriften des Bundes und der Länder sowie gegen unmittelbar geltende Rechtsakte der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft erfasst, die: 

  • Vorgaben zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, 
  • Vorgaben zur Produktsicherheit und -konformität, 
  • Vorgaben zur Sicherheit im Straßenverkehr, 
  • Vorgaben zur Gewährleistung der Eisenbahnbetriebssicherheit,  
  • Vorgaben zur Sicherheit im Seeverkehr betreffend Vorschriften der Europäischen Union, 
  • Vorgaben zur zivilen Luftverkehrssicherheit,  
  • Vorgaben zur sicheren Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße, per Eisenbahn und per Binnenschiff, 
  • Vorgaben zum Umweltschutz, 
  • Vorgaben zum Strahlenschutz und zur kerntechnischen Sicherheit, 
  • Vorgaben zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und der Energieeffizienz, 
  • Vorgaben zur Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit, zur ökologischen Produktion und zur Kennzeichnung von ökologischen Erzeugnissen sowie zur Tiergesundheit und zum Tierschutz,  
  • Vorgaben zu Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Organe und Substanzen menschlichen Ursprungs, 
  • Vorgaben zur Herstellung, zur Aufmachung und zum Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen, 
  • Vorgaben zur Regelung der Verbraucherrechte und des Verbraucherschutzes, 
  • Vorgaben zum Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation, 
  • Vorgaben zum Schutz personenbezogener Daten im Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2016/679, 
  • Vorgaben zur Sicherheit in der Informationstechnik im Sinne des § 2 Abs. 2 des BSI-Gesetzes von Anbietern digitaler Dienste im Sinne des § 2 Abs. 12 des BSI-Gesetzes, 
  • Vorgaben zur Regelung der Rechte von Aktionären von Aktiengesellschaften, 
  • Vorgaben zur Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse nach § 316a S. 2 des Handelsgesetzbuchs
  • und Vorgaben zur Rechnungslegung einschließlich der Buchführung von Unternehmen regeln. 

Des Weiteren unterfallen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 bis 10 HinSchG noch folgende Meldungen/ Offenlegungen dem Hinweisgeberschutzgesetz: 

  • Verstöße gegen bundesrechtlich und einheitlich geltende Regelungen für Auftraggeber zum Verfahren der Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen und zum Rechtsschutz in diesen Verfahren ab Erreichen der jeweils maßgeblichen EU-Schwellenwerte, 
  • Verstöße, die von § 4d Abs. 1 S. 1 des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes erfasst sind, soweit sich nicht aus § 4 Abs. 1 S. 1 etwas anderes ergibt, 
  • Verstöße gegen für Körperschaften und Personenhandelsgesellschaften geltende steuerliche Rechtsnormen, 
  • Verstöße in Form von Vereinbarungen, die darauf abzielen, sich in missbräuchlicher Weise einen steuerlichen Vorteil zu verschaffen, der dem Ziel oder dem Zweck des für Körperschaften und Personenhandelsgesellschaften geltenden Steuerrechts zuwiderläuft, 
  • Verstöße gegen die Art. 101 und 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union sowie Verstöße gegen die in § 81 Abs. 2 Nummer 1, 2 Buchstabe a und Nummer 5 sowie Abs. 3 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen genannten Rechtsvorschriften, 
  • Verstöße gegen Vorschriften der Verordnung (EU) 2022/1925 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. September 2022 über bestreitbare und faire Märkte im digitalen Sektor und zur Änderung der Richtlinien (EU) 2019/1937 und (EU) 2020/1828 (Gesetz über digitale Märkte) (ABl. L 265 vom 12.10.2022, S. 1), 
  • Äußerungen von Beamtinnen und Beamten, die einen Verstoß gegen die Pflicht zur Verfassungstreue darstellen. 

Überdies sind Meldungen oder Offenlegungen von Informationen über Verstöße gegen den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union im Sinne des Art. 325 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und Verstöße gegen Binnenmarktvorschriften im Sinne des Art. 26 Abs. 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, einschließlich über Absatz 1 Nummer 8 hinausgehender Vorschriften der Europäischen Union über Wettbewerb und staatliche Beihilfen gemäß § 2 Abs. 2 HinSchG vom Hinweisgeberschutzgesetz erfasst.  

Prüfung des sachlichen Anwendungsbereichs

Ob Meldungen beziehungsweise Offenlegungen unter dem sachlichen Anwendungsbereich des § 2 HinSchG zu subsumieren sind, muss zunächst festgestellt werden. Aber wem obliegt diese Aufgabe? 

Für Meldungen im Sinne von § 3 Abs. 4 HinSchG gilt das Folgende. Nachdem eine Meldung über einen Meldekanal die entsprechende Meldestelle erreicht hat, wird diese von der Meldestelle in einem durch das Gesetz geregelten Verfahren überprüft. Interne Meldestellen treffen die Verfahrensregeln nach § 17 HinSchG, externe Meldestellen die Verfahrensregeln nach § 28 HinSchG. Im Rahmen beider Verfahren gilt es im ersten Schritt zu prüfen, ob der gemeldete Verstoß unter dem sachlichen Anwendungsbereich nach § 2 HinSchG fällt. Für interne Meldestellen ergibt sich diese Vorgabe aus § 17 Abs. 1 Nr. 2 HinSchG, für externe Meldestellen aus § 28 Abs. 2 S. 1 HinSchG. 

Die Offenlegung von Informationen im Sinne von § 3 Abs. 5 HinSchG darf gemäß § 32 Abs.1 Nr. 1 HinSchG unter anderem nur erfolgen, wenn die hinweisgebende Person zuvor eine externe Meldung nach den Regeln über externe Meldungen (§§ 27 bis 31 HinSchG) erstattet hat. Insofern erfolgt hier ebenfalls eine Prüfung des Anwendungsbereichs nach § 28 Abs. 2 S. 1 HinSchG.  

Folglich sind die internen und externen Meldestellen für die Prüfung, ob der sachliche Anwendungsbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes im konkreten Fall eröffnet ist, zuständig.  

Fazit 

Nicht jede Meldung beziehungsweise Offenlegung von Informationen fällt unter den sachlichen Anwendungsbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes. Das Hinweisgeberschutzgesetz selbst legt mit § 2 HinSchG detailliert fest, wann der sachliche Anwendungsbereich eröffnet ist. Damit gibt der Gesetzgeber den nach dem Hinweisgeberschutzgesetz Verpflichteten einen ausführlichen, aber eindeutigen Rahmen, welche Hinweise diese nach dem Hinweisgeberschutzgesetz zu verfolgen haben.  

Die Prüfung des sachlichen Anwendungsbereichs obliegt den Meldestellen. Im Rahmen der Prüfungsverfahren müssen interne Meldestellen gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 2 HinSchG und externe Meldestellen gemäß § 28 Abs. 2 S. 1 HinSchG im ersten Schritt prüfen, ob der gemeldete Verstoß unter § 2 HinSchG zu subsumieren ist. Nur wenn dies der Fall ist, sind die jeweiligen Verfahren weiter durchzuführen und eventuelle Folgemaßnahmen zu treffen.  

Haben Sie hinsichtlich des Anwendungsbereichs des Hinweisgeberschutzgesetzes oder darüber hinausgehende Fragen, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.